NYC Marathon

„Lass die Brücken brennen", sagten sie!

 

Nach einem Marathon ist es nicht nur an der Zeit das Rennen Revue passieren zu lassen, sondern auch auf das intensive Training in der Vorbereitung 
zurückzublicken. Während der 14 Wochen Vorbereitung hatte ich einige Höhen und Tiefen. Ich hatte tolle Läufe, Intervalle sowie lange Läufe, ich konnte eine
neue PB über 10 km erzielen und ich hatte ein großartiges und motivierendes Trainingslager mit meinem besten Kumpel Ecki, der es ermöglichte dass ich zumindest ein paar Höhenmeter im Trainingskalender verbuchen konnte. Aber ich hatte auch schlechte Tage, vor allem in den letzten Wochen, fühlte ich mich weniger
energiegeladen und vor einer Woche hatte ich starke Rückenschmerzen, so dass ich kaum laufen konnte. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich den NYC
Marathon überhaupt laufen konnte. Nach dieser langen und intensiven Saison und der harten Arbeit in zwei Marathonblöcken hatte ich nur noch ein Ziel vor Augen: Raus auf die Straßen von New York und rennen! Mein Plan für das Rennen sah wie folgt aus: die erste Hälfte mit 1:19-1:20 anzugehen zu und die zweite Hälfte etwas schneller zu laufen. Dank des Jetlag war ich am Tag des Rennens um 3:30 Uhr wach. Nach einer langen, langen Anfahrt im Bus nach Staten Island und
fast zwei Stunden Wartezeit im Startbereich viel der Startschuss um 9:40 Uhr.
Alle, mit denen ich gesprochen habe, sagten, die Verrazano-Brücke sei hart, gehe es gemächlich an. Nun, nach all dem Warten war ich einfach froh, endlich
rennen zu können. Ich hatte keine Probleme mit der Brücke und die ersten Meilen flogen dahin. Ich fühlte mich stark, vielleicht ein bisschen zu stark, so hatte ich die ersten 10km in 36:34 passiert, das war fast 3 Minuten zu schnell. Aber ich sah keinen Grund, langsamer zu werden. Ich schaute nicht auf die Uhr, vielleicht
hätte ich meine Pace öfter überprüfen sollen. Es war recht einfach: Ich genoss das Rennen, die Menschen an den Straßen waren großartig und haben uns durch die Stadt getragen, strahlend blauer Himmel,ich hatte ein kontinuierliches Runners High. Bis zur Halbmarathonmarke schaffte ich es etwas langsamer zu werden, was wohl auch auf erstarkten Gegenwind zurückzuführen war Ich passierte die HM-Marke in 1:18:51. Die nächsten Meilen waren in Ordnung, nicht großartig. Ich versuchte mich auf mich selbst zu konzentrieren und ein gleichmäßiges Tempo zu laufen, was sich bei all den Aufs und Abs des Kurses als ziemlich schwierig
gestaltete. Mit der Verrazano-Brücke hatte ich den höchsten Punkt der Strecke bereits hinter mir gelassen. Was ich nicht wusste war, dass der schwierigste Teil
noch vor mir lag. Die härteste Brücke war die Queensboro Bridge, bei 24km erwarteten uns eine ordentliche Steigung, gepaart mit starkem Gegenwind, zusätzlich waren hier die Läufer separiert, sodass es nur wenig Schutz vor dem Wind gab. Ich schaffte es, die Brücke in einem recht gleichmäßigen Tempo zu passieren
und nach der Brücke konnte ich sogar noch einen Zahn zulegen. Wir rannten jetzt nach Manhattan, die Zuschauer waren unglaublich, sie pushten uns. Vielen
Dank an alle, die den Weg zur Strecke gefunden haben und uns stundenlang angefeuert haben. Ein großer Applaus auch an alle freiwilligen Helferinnen und
Helfer, ihr habt einen tollen Job gemacht und ohne euch wäre das nicht möglich gewesen. In Manhattan bekam ich dann die ersten Probleme, meine Beine waren müde und ich fing an zu kämpfen, um das Tempo zu halten. Der anhaltend starke Gegenwind trug sein übriges bei und Kilometer um Kilometer hatte ich das
Gefühl es ging nur noch bergan. Jetzt verstehe ich, warum dieser Teil von Manhattan Lenox Hill heißt. Nach 30 km wusste ich, dass es nicht für eine Bestzeit
reicht. Die letzten 10 km waren extrem hart und ich habe mich entschieden, es nicht zu übertreiben und nicht komplett zu überziehen und mich auf mein Ziel zu
konzentrieren das Rennen mindestens in Sub 2:45 Studen zu beenden, was ohnehin ein harter Kampf sein sollte. Ich dachte die Anstiege würden niemals
enden und die Pace fühlte sich an wie ein regenerativer Dauerlauf.Immer öfter schaute ich auf die Uhr und berechnete das Tempo, mit dem ich die letzten
Kilometer zurücklegen musste, um ein Sub 2:45 nach Hause zu bringen. Immer mehr Läufer hatten mit Krämpfen zu kämpfen. Ich habe mich nur darauf
konzentriert, weiterzulaufen. Ich wusste, dass bei 40km noch einen schweren Anstieg gibt. Danach würden sich die restlichen Meter fast flach anfühlen. Als ich die 400m Marke sehen konnte, wusste ich, dass ich es schaffen werde und ich wusste, dass es nur Sekunden dauern wird, meine Familie zu sehen. Katrin hatte
mich schon 150m vor der Ziellinie ausgemacht. Worte können nicht beschreiben, wie ich mich fühlte, als ich meine Frau und meinen Sohn sah: Nach einem so
harten Tag war ich total überwältigt, dankbar, erschöpft und war einfach froh, meine Familie zu sehen. Zu wissen, dass sie an der Ziellinie warten hat mich am
Laufen gehalten.
Die Uhr blieb bei 2:44:01 stehen! Ich habe es geschafft!